Wie halten Sie sich eigentlich engagiert und gesund bei der psychosozialen Arbeit, die Sie leisten? Haben Sie einen achtsamen Scout und setzen Sie manchmal eine Sauerstoffmaske auf? Tun Sie das jetzt und sorgen Sie für sich selbst, denn erst, wenn Sie das gut tun, können Sie auch anderen helfen! Das mir zur Rezension vorliegende Buch unterstützt Sie dabei – kompetent und anregend.
Als Facharzt für Psychiatrie, als Therapeut, Coach und Weiterbildner weiß Matthias Lauterbach, um was es geht, wenn er das Thema der besonderen Anforderungen bei der psychosozialen Arbeit, dem Engagement und dem Gesundbleiben der in diesem Feld arbeitenden Menschen anspricht und in seinem Buch in Richtung kluger Selbstsorge bearbeitet. Der Autor hat sich u.a. zum Thema des Gesundheitscoachings mit zahlreichen Veröffentlichungen und Veranstaltungen bereits einen Namen gemacht.
In diesem Buch spannt er einen thematischen Bogen von vielfältigen Aspekten der individuellen Lebenspraxis über die gesunde professionelle Beziehungsgestaltung bis hin zu den Einflussmöglichkeiten bei der Arbeitsgestaltung und der organisationalen Zusammenhänge. Dabei lädt er ein zu zahlreichen individuellen und kollektiven Übungen und Reflexionen zur Selbstsorge, zu Fragen der Sinnhaftigkeit bis hin zu Meditationsübungen und Angeboten körperlicher Bewegung.
Es werden Konzepte der Salutogenese, der Resilienz sowie der Lebensbalance und der Regeneration vorgestellt, die durch zahlreiche Metaphern und systemische Fragen zum Reflektieren und Ausprobieren anregen. Nachdem Lauterbach im ersten Kapitel zunächst Zugänge zu einer gesunden Lebenspraxis beschreibt, in dem er auch das Verständnis von Gesundheit erläutert und anregt, dem eigenen Verständnis von Gesundheit nachzuspüren, weist er im zweiten Kapitel auf Achtsamkeit als Schlüsselkompetenz hin, die er differenziert als Möglichkeit beschreibt, Herausforderungen, Krisen und Krankheiten als Möglichkeiten und Impulse zur Heilung wahrzunehmen.
Dem Bereich der Bewegung und Ernährung wird ein eigenes drittes Kapitel gewidmet, wobei auch tieferen Ebenen Raum gegeben wird: Was bewegt mich und was nährt mich? Stress und Stressprotektion haben im vierten Kapitel Platz und es wird beschrieben, wie Stressfolgen in den Griff zu bekommen sind. Beeindruckt und zum Schmunzeln gebracht hat mich besonders das fünfte Kapitel Glück, Gesundheit, Humor und Selbstsorge, in dem neben einigen Übungen zur systemischen Glücksspurensuche auch die neurobiologische Perspektive nicht fehlt, das Glücksbarometer eine Rolle spielt und der Stressor "Müssen" entschärft wird. Bei dem als Lach-Übung angegebenen YouTube-Film habe ich dann auch tatsächlich herzhaft laut mitgelacht. Im sechsten Kapitel geht es dann um die Möglichkeiten der Gestaltung gesunder psychosozialer Arbeitsfelder und zum Abschluss wird ein Survival-Kit gepackt für den Fall, dass Sie in Not geraten sind und die hier deponierten Dinge für sich brauchen. Die Downloadmaterialien unter dem passenden Passwort "Entschleunigung" beinhalten zahlreiche Übungen, Tipps für die persönliche Selbstsorge und Tipps für Teams.
Das Buch nähert sich diesen Themenkomplexen praxisnah, aber auch philosophisch, es ist theoretisch und spirituell fundiert und inspiriert, transportiert Wissen und trägt zur Erkenntnis und dazu bei, eigenen Haltungen und Gedankenmustern auf die Schliche zu kommen und Blickwinkel zu verändern. Es unterstützt dabei, die eigene Wahrnehmungsqualität zu schärfen und zu verbessern. Es vermittelt konsequent die Suchhaltung nach dem Gelingenden, Wohltuenden, Beeinflussbaren und ist dabei positiv und lösungsorientiert – ohne in Flachheiten oder Realitätsverlust abzurutschen.
Und eines macht Lauterbach dabei deutlich: dass es um die balancierte Selbstsorge und um die Eigenverantwortung zur Erhaltung der Gesundheit geht und nicht per se um die Erhaltung der Leistungsfähigkeit bei verengten Rahmenbedingungen in einem oft heute dysfunktionalen Versorgungssystem.
So ist denn dieses Buch ein Appell und ein Ermutigungsbuch zum Innehalten vor dem Burn-out, wie es im Klappentext heißt, und zur ressourcenorientierten Selbstsorge für die Menschen, die in psychosozialen Arbeitsfeldern tätig sind und für alle Menschen um sie herum.
Gabriele Tergeist in Psychosoziale Umschau
Letzte Aktualisierung: 12.04.2024