Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie
Dachverband Gemeindepsychiatrie
Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen
Psychiatrie Verlag

Depression – und jetzt? Wegweiser einer Erfahrungsexpertin

Nora Fieling wurde 1985 in Berlin geboren und wuchs in einer Kleinstadt in Sachsen-Anhalt auf. Bereits als Kind entwickelte sie depressive Züge, welche sich in Ängstlichkeit, starker Traurigkeit und Gedanken über den Sinn des Lebens und den Tod äußerten. Sie fühlte sich anders, aus Scham sprach sie mit niemandem darüber. Erst als sie 18 Jahre alt war, wurde die Hausärztin auf das selbstverletzende Verhalten Noras aufmerksam. Bald darauf folgten die ersten Diagnosen: Depression und emotional instabile Persönlichkeitsstörung Typ Borderline.

In ihrem Wegweiser für Betroffene von Depressionen und deren Angehörige gelingt es Nora Fieling, beide Zielgruppen anzusprechen und abzuholen. Neben fachlichen Informationen gibt das Buch auch einen tiefen Einblick in die persönlichen Erfahrungen der Autorin mit der Krankheit. 2008 ließ sie sich in Berlin nieder, um ein Studium aufzunehmen, das sie aufgrund starker depressiver Episoden und Panikattacken abbrechen musste. Anschließend machte sie erste Erfahrungen in einer Psychiatrie und einer Tagesklinik.

Eine weitere Diagnose wurde gestellt: die generalisierte Angststörung mit Panikattacken. Indem Nora Fieling ihre Biografie mit allen Höhen und Tiefen, Ängsten und Hoffnungen sowie den Erfahrungen mit Therapien und Medikamenten in die zahlreichen fachlichen Informationen einfließen lässt und miteinander in Bezug setzt, werden Symptome, Krankheitsursachen und Hilfemöglichkeiten für den Leser gut verständlich.

»Mit sämtlichen Worten habe ich versucht, meinem Umfeld den Zustand einer Depression zu beschreiben. Doch nur diejenigen, die depressive Phasen, verzweifelte Krisen und zerreißende Hoffnungslosigkeit aus eigener Erfahrung kannten, konnten sowohl meine Worte als auch mein Schweigen in Bezug auf das Thema Depression nachempfinden.« Mit diesem Satz ziemlich zu Beginn des Buches macht die Autorin deutlich, wie schwierig es ist, eine Depression verständlich zu erklären. Zwar ist kein Krankheitsverlauf wie der andere, dennoch kann das Buch aber für Angehörige eine Vermittler- und Übersetzerrolle zwischen ihnen und dem Betroffenen einnehmen.

2015 begann die Autorin unter dem Pseudonym Nora Fieling auf ihrem Blog offen über ihre Gedanken und Gefühle zu schreiben. So fand sie einen Weg zu sich selbst. Schreiben wurde zu einer Form der Therapie für sie. Mit ihrem Blog und auf Social Media konnte sie nicht nur sich selbst, sondern auch anderen Menschen helfen. Der Wunsch entstand, anderen Betroffenen und Angehörigen professionelle Unterstützung zu bieten.

Viele Betroffene, die noch nicht so weit sind im Umgang mit der eigenen Depression, werden sich in dem Buch wiederfinden können – und im besten Fall Nora Fieling als ein positives Beispiel erkennen, wenn es darum geht, Krankheit, Traumata und verpasste Chancen in das eigene Selbstverständnis zu integrieren und damit die Grundlage für den eigenen Genesungsweg zu bereiten.

Allen negativen Erwartungen zum Trotz schaffte es die Autorin, einen sicheren und stabilen Arbeitsplatz im sozialen Bereich zu finden. Zunächst engagierte sie sich ehrenamtlich im psychosozialen Bereich. 2019 absolvierte sie die EX-IN-Fortbildung und machte eine Weiterbildung zum Mental Coach. Heute arbeitet Nora haupt- und ehrenamtlich in verschiedenen psychosozialen Projekten. Beim Start-up »die erfahrungsexperten« gibt sie Workshops und bietet Peerberatung, Präventionsangebote und Resilienztrainings an.

Peter Heuchemer in Psychosoziale Umschau

Letzte Aktualisierung: 26.04.2024