Es ist irgendwie eine Liebeserklärung an die Menschen, an die Kunst und die Arbeit mit Menschen, deren Seelen aus dem Gleichgewicht geraten sind. Das »Kunsthaus Kannen Buch« lässt in Sprache und vor allem in Bildern lebendig werden, was den Charakter dieser lebendigen Einrichtung auf dem Alexianer Campus in Münster Amelsbüren ausmacht. Es bildet einen produktiven Freiraum eigener Art, schreibt Regionalgeschäftsführer Stephan Dransfeld. Die künstlerische Selbstverwirklichung gehe einher mit der wachsenden Erfahrung der eigenen ästhetischen Daseinsform, schreiben die Kunsttherapeutin Lisa Inckmann und der Psychiater Klaus Telger.
Es hört sich hochtrabend an, was die Verantwortlichen des Alexianer-Krankenhauses schreiben. Doch die Arbeiten der Betroffenen, die sich seit Beginn der 1980er-Jahre künstlerisch im Kunsthaus Kannen engagieren, vermitteln ganz direkt, was ihr Schaffen ausmacht. Ganz bodenständig bringen sie zu Papier, was sie bewegt. Die Ambivalenz und die Tiefgründigkeit des eigenen Berührtseins zeigt sich. Es kommt zu »Momenten visueller Intensität«, wie es der Kunsthistoriker Erich Franz schreibt. Noch mehr – ihre Arbeiten sind Plädoyers gegen die Flüchtigkeit der Gegenwart, die sich inzwischen auch in der psychiatrischen Versorgung zeigt.
Mit dem »Kunsthaus Kannen Buch« setzen die Verantwortlichen in der kunsttherapeutischen Arbeit der Münsteraner Klinik ein deutliches Zeichen. Sie zeigen einmal mehr, dass psychisch erkrankte Menschen mehr als ihre Diagnosen sind. Es wird nicht bloß deutlich, dass ihre künstlerischen Arbeiten lebendig und vielfältig sind. Und eine Geschichte haben. Zu den künstlerischen Werken kommen Fotos der Künstlerinnen und Künstler und Kurzbeschreibungen zu Biografie und künstlerischem Schaffen.
Das Kunsthaus Kannen hat selbst eine lange Geschichte, die inzwischen bald vier Jahrzehnte umfasst. Es ist eine Zeit, während der unter anderem chronisch psychisch erkrankte Menschen den Weg aus der bloßen Enge des Wohnheims in die Weite des Kunsthauses gefunden haben. So macht es Freude, immer wieder in das »Kunsthaus Kannen Buch« zu schauen. Gleich einem Brevier lenkt es die Aufmerksamkeit des Lesers und Betrachters immer wieder auf das Wesentliche – die Beschäftigung mit sich, seiner Umwelt, seinen Gefühlen.
Es fällt schwer, eine Künstlerin oder einen Künstler besonders herauszugreifen. Jede und jeder spricht für sich. Das Wichtige ist, dass man das »Kunsthaus Kannen Buch« nicht nur mit der Brille der Outsider Art oder der Art Brut anschaut. Dies würde der Großartigkeit und Darstellungskraft der Bilder nicht gerecht.
Christoph Müller in Psychosoziale Umschau
Letzte Aktualisierung: 26.04.2024