Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie
Dachverband Gemeindepsychiatrie
Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen
Psychiatrie Verlag

Draussen

Vier Männer leben im Freien, also „draussen“. In dem gleichnamigen Film, der auf der 68. Berlinale in der Sektion „Perspektive Deutsches Kino“ gezeigt wurde, werden sie aufgesucht und kommen zu Wort. Sie haben sich eingerichtet in einer Nische unter der Autobahn, im Park, im Wald. Es gibt einige wenige Gegenstände, die ihnen wichtig sind, zu denen es Geschichten zu erzählen gibt. Der Mann mit dem Cowboyhut und dem Einkaufswagen ist ein fanatischer Verehrer von Elvis Presley. Er glüht wenn er über ihn redet. Er zeigt seine Reliquien: Ringe, CDs, Kleidungsstücke.

Ein anderer Mann kommt aus Russland, hat gestohlen und dafür gesessen, immer wieder. Nun hängt er an der Nadel und lebt in einem städtischen Park. Ja, er könne zu seinen Eltern, aber das sei doch nicht ganz passend, in seinem Alter. Zwei der Männer haben Kontakt miteinander, aber doch scheint es mir, als suche jeder von ihnen vor allem die Freiheit, auch und vor allem in der Einsamkeit. Besonders bemerkenswert der letzte, sehr junge Mann. Ihn hat das Überleben in der Natur schon immer interessiert. Er erzählt von seinem Großvater, der ihm vieles beibrachte. Er versucht autark zu leben. Er zeigt stolz sein Pilzbuch; er zeichnet Pflanzen.

Das Leben in den Wäldern scheint er als Survivaltraining zu gestalten. Wichtig sind ihm seine Stiefel, sein Messer, seine Camouflage-Plane. In einem kleinen Buch notiert er sorgfältig, wann er wo campiert hat. Einige Orte kenne ich, Kyritz zum Beispiel, oder Falkensee. Jedes der vier Porträts endet mit der Präsentation der wichtigen Utensilien: Sie scheinen über ihrem Besitzer zu schweben. Diese Ästhetisierung der Habseligkeiten mag man mögen oder nicht.

Ich fand diesen neuen Blickwinkel aufschlussreich, und fand Gefallen an den kunstvollen Arrangements, den schönen Farben und starken Kontrasten. Eigenartig, dass man diese obdachlosen Männer nicht bedauert, sondern eher bewundert. Hat das Leben sie in diese Ecken geworfen, oder haben Sie sich dorthin geflüchtet? Für diesen Dokumentarfilm ist kein Kinostart genannt. Da WDR und Arte an der Produktion beteiligt waren wird er im TV zu sehen sein.

Ilse Eichenbrenner

Letzte Aktualisierung: 12.06.2024