Mark (Frederick Lau) lebt sein Nachtleben in vollen Zügen. Nach dem täglichen alkoholreichen Abend in der Bar geht es, bereits betrunken, noch zum Kiosk seines Vertrauens. Zwei Flaschen Fahrt- und Heimbier sind noch mitzunehmen.
Auf der Arbeit ist Mark als Bauleiter sowohl bei den Handwerkern als auch bei den Architekten beliebt und macht aus Sicht seiner Vorgesetzten einen sehr guten Job. Auf diesem geraden Weg in den noch nicht sichtbaren Untergang kommt es für Mark zu einer ersten Irritation, als er nach kurzem Umparken seines Autos um wenige Meter von der Polizei kontrolliert wird und seinen Führerschein wegen Trunkenheit am Steuer verliert. Diesen kann er nur über eine medizinischpsychologische Untersuchung (MPU) wiedererlangen. Mark besucht einen Vorbereitungskurs für die MPU, seine Nächte verbringt er aber weiterhin mit Feiern und Alkoholkonsum. Bei der Arbeit kommt es zu ersten Problemen, weil er häufiger zu spät zu wichtigen Terminen erscheint, fahriger wird und Fehler macht. Nach einer für ihn sehr peinlichen Situation im Anschluss an eine Feier bei seinem besten Freund wettet er mit diesem, dass er nicht mehr trinken wird, bis er seine Fahrerlaubnis wiedererlangt hat. Er geht regelmäßig schwimmen, versucht gesünder zu leben und hält Abstand zu seiner Stammbar. Über die typischen körperlichen Reaktionen während des Entzugs erfahren die Zuschauenden hier nichts, umso mehr von der vermeintlichen Freudlosigkeit und den vielen Leerstellen, die sich nach einem Entzug ergeben können. So scheint es fast folgerichtig, dass er sich einer noch trinkenden Teilnehmerin des MPU-Kurses (Nora Tschirner) anschließt und bei den gemeinsamen Abenden rückfällig wird. Daraufhin gerät Mark wieder in seine alten Muster, was sowohl die Beziehung zu seinem besten Freund belastet als auch seinen Arbeitsplatz immer mehr gefährdet. Gemeinsame Versuche mit der Freundin aus dem Kurs, sich erneut in Abstinenz zu üben, scheitern. Erst als sich die Dinge dramatisch entwickeln, erkennen beide, dass sie sich einerseits gegenseitig guttun und dies zeitweise auch hilft, um nicht zu trinken, sie sich aber andererseits auch zu ähnlich sind, um auf weitere Hilfen von außen verzichten zu können.
»One for the Road« erzählt keine geradlinige Genesungsgeschichte. In komprimierter Form wird von den »Runden« erzählt, die Menschen mit einer Suchterkrankung häufig machen. Informationen über die schädlichen Auswirkungen des übermäßigen Alkoholkonsums werden Millimeter am erhobenen Zeigefinger vorbei eingeflochten. Beeindruckend ist die schauspielerische Leistung von Frederick Lau. Er schafft es, das selige Glück, das die Trunkenheit bei seiner Figur erzeugt, glaubhaft darzustellen, ohne dass sie zu sehr in den Trash abrutscht. Analog zu den Trinkeskapaden nimmt man ihm als Virtuose der Verknautscht- und Zerknirschtheit die darauffolgende Scham und Niedergeschlagenheit ab. Erfreulich auch, dass die Handlung in einem Milieu angesiedelt ist, das die Suchterkrankung nicht mit prekären Lebensumständen und damit einhergehendem gesellschaftlichen Ausschluss erklärt. Dagegen tritt die innere Vereinsamung von Mark zunehmend hervor. Die Gründe hierfür werden in der Schlussszene angedeutet, manches in der Genese seiner Erkrankung bleibt aber auch im Unklaren. »One for the Road« zeichnet ein überwiegend präzises Bild der Alkoholabhängigkeit. Dies lässt über die wenigen Ungereimtheiten, wie z.B. den MPU-Berater, der Mark so etwas wie eine Einzeltherapie anbietet, hinwegsehen. Auf billige Gags, die sich z.B. bei der Polizeikontrolle anböten, verzichtet das Drehbuch glücklicherweise. Stattdessen wird der Humor fein dosiert eingesetzt, ohne sich über die Figuren lustig zu machen. Ein kurzweiliger Film, bei dem insbesondere junge Menschen viel darüber erfahren, wie es ist, aus dem verbreiteten Feiern und der Zeit des riskanten Alkoholkonsums in der Jugend nicht rechtzeitig abzubiegen.
Ilja Ruhl in Soziale Psychiatrie
Letzte Aktualisierung: 24.07.2024