Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie
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Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen
Psychiatrie Verlag

Rose – eine unvergessliche Reise nach Paris

Die fast 50-jährige Inger lebt im Betreuten Wohnen. Man ahnt, dass sie einst eine schöne Frau war; nun geht sie gebückt und schaut argwöhnisch um sich. Sie wird von ihrer patenten Schwester Ellen und deren Mann Vagn abgeholt. Die Betreuerin übergibt die Medikamente und erklärt noch einmal: die antipsychotische Medikation für jeden Tag, die Benzos für den Notfall. Gemeinsam besteigen sie einen Reisebus, um mit einer großen Reisegruppe nach Paris zu fahren. Zunächst sollen sich alle vorstellen, regt der Busfahrer an. Als Inger an der Reihe ist, sagt sie ganz selbstverständlich: »Ich bin schizophren.« Besonders entrüstet ist Andreas, ein missmutiger Lehrer, der seinem 12-jährigen Sohn Christian am liebsten die Ohren zuhalten würde. Doch dessen Neugierde ist schon geweckt.

In Paris angekommen, beziehen alle ihre Zimmer und setzen sich erwartungsvoll ins Restaurant. Zur Verblüffung aller übersetzt Inger mit zaghafter Stimme in flüssigem Französisch die Speisekarte und hilft bei der Bestellung.

Ganz allmählich stellt sich heraus, dass Inger in Frankreich einige sehr glückliche Jahre verbracht hat. Sie erzählt Christian von dem verheirateten Mann, in den sie damals unglücklich verliebt war. Christian recherchiert die Adresse. Nach etlichen Besichtigungen gibt es einen Tag »zur freien Verfügung«. Ein Taxifahrer bringt sie zu jener Adresse; anschließend will er ihnen unbedingt die Stelle zeigen, an der Prinzessin Diana verunglückt ist. Überall liegen Kränze, brennen Kerzen. All das ist zu viel für Inger, und sie rennt in ein Auto, sodass die Handlung noch einmal eine rasante Wendung nimmt.

Dieses Roadmovie lebt von der verstörten und gleichzeitig charmanten Inger und ihrer niemals verzagenden Schwester. Immer wieder kommt es zu Ärger und peinlichen Zwischenfällen; immer wieder retten Schwager und Schwester die Situation mit ungewöhnlichen Aktionen.

Als sie endlich wieder heil zu Hause angekommen sind, bringt Ellen ihre Schwester zu Bett. »Ich möchte dich erwürgen«, sagt Inger. »Ja, ich habe dich auch lieb«, antwortet Ellen lächelnd.

Wer schon einmal mit dem Club oder den Bewohnern einer Einrichtung eine längere Reise gemacht hat, wird schmunzelnd assoziieren. Aber auch Angehörige werden vermutlich einige Déjà-vu-Erlebnisse haben.

Ilse Eichenbrener in Soziale Psychiatrie

Letzte Aktualisierung: 02.06.2024