Meine Erwartungen hat der dreistündige Film voll und ganz erfüllt. Ach was – er hat mich regelrecht umgehauen. Hier geht es tatsächlich um Leben und Tod: um das absehbare Sterben des dementen Vaters, die Hilflosigkeit der von Corinna Harfouch überragend verkörperten Mutter. Um die hysterischen Tiraden der alkoholkranken Schwester (Lilith Stangenberg), die gemeinsam mit Ronald Zehrfeld als liebestrunkenem Zahnarzt für einige der extremsten Szenen der letzten Kinojahre sorgt. Lars Eidinger brilliert als Sohn und Dirigent eines Jugendorchesters, der es allen recht machen möchte. Es gibt eine zunächst bedrückende, dann urkomische Szene zwischen Mutter und Sohn, in der sie sich gegenseitig gestehen, dass sie sich nicht lieben. Es ist dieses Auf und Ab, der Wechsel von traurigen und absolut durchgeknallten Momenten, der rasche Schnitt, die rasante Kamera, die uns in Atem hält. Matthias Glasners Drehbuch orientiert sich an seinem eigenen Leben; dafür hat er den Silbernen Bären erhalten.
Ilse Eichenbrenner in Soziale Psychiatrie
Letzte Aktualisierung: 02.06.2024