Mit großer Aufregung habe ich den italienischen Spielfilm »Volevo nascondermi« (Hidden Away) erwartet. Dieser bildgewaltige Spielfilm lief im Wettbewerbderdiesjährigen 70.Internationalen Filmfestspiele; für seine gar nicht in Worte zu fassende Verkörperung des Außenseiterkünstlers Antonio Ligabue (1899–1965) hat der Schauspieler Elio Germano den Silbernen Bären als bester männlicher Hauptdarsteller erhalten.
Ich bin mir sicher, dass dieser großartige Film in unsere Kinos kommen wird, deshalb nur einige Sätze: Staunen Sie selbst! Der Film beschreibt im ersten Teil in zahlreichen kurzen Vor- und Rückblicken die schwierige Kindheit und Jugend von Antonio. Von der Mutter nicht gewollt, kommt er zu Pflegeeltern in die Schweiz; er besucht eine Sonderschule und ist auch kurzfristig in der Psychiatrie. Nach kleineren Delikten wird er nach Italien abgeschoben, wo er als Obdachloser in einer selbstgebauten Hütte am Po haust. Über zufällige Begegnungen kommt er zur Kunst; er fängt an zu malen und macht Skulpturen.
Auch als sich erste Erfolge einstellen, bleibt er ein Sonderling und Außenseiter; er wirkt körperlich und geistig behindert, er braust auf, eckt an und verletzt sich selbst. Er ist häufig umgeben von Tieren, die er liebt. Er mag auch die Frauen und bleibt doch allein. Aber es gibt erstaunlich viele Menschen, die ihn unterstützen und fördern. Allmählich verdient er Geld mit seiner Kunst, das er vor allem in Motorräder der Marke Moto Guzzi umsetzt. Er hat sogar ein Auto, samt Fahrer. Ligabue ist erfolgreich – und stirbt im Armenhaus.
Ich muss gestehen, dass ich keine Ahnung hatte, wie berühmt Antonio Ligabue ist. In Italien scheint ihn jeder zu kennen. Bei der Pressekonferenz ist zu erfahren, dass es eine sehr populäre TV-Serie über ihn gab. Sein Leben wurde bereits mehrfach verfilmt, im Netz findet sich sogar eine deutsche Graphic Novel. Elio Germano erzählt, dass im Internet ca. 15 Minuten Videomaterial zu Ligabue zu finden sind; er habe versucht, die Stimme, die Bewegung und das Aussehen zu imitieren – natürlich mit Hilfe von aufwendiger Prothetik und Maske. Das Ergebnis ist gespenstisch, vor allem wenn man den jungen Schauspieler so frisch vor sich sitzen hat.
Ilse Eichenbrenner in Soziale Psychiatrie
Letzte Aktualisierung: 24.07.2024