Dieser langatmige und doch faszinierende Spielfilm gewann zwar keinen Bären, wurde aber mit einer »lobenden Erwähnung« ausgezeichnet.
Für die SP-Leserschaft suche ich immer nach einem Film, der demnächst in die guten altmodischen Kinos kommt. Ich bin fündig geworden. Axiom ist ein deutscher Spielfilm des schwedischen Regisseurs Jöns Jönsson. Er hat das originelle Drehbuch im Rahmen der Talente- Workshops der Berlinale vor einigen Jahren entwickelt. Julius, fantastisch verkörpert von Moritz von Treuenfels, ist ein freundlicher junger Mann, der in einem Museum arbeitet. Er hat einige Freunde für das Wochenende zum Segeln eingeladen. Angekommen auf dem Parkplatz moniert Julius, dass die Freunde keine Rettungswesten dabeihaben. Die Stimmung ist gereizt. Gemeinsam marschiert man zu dem kleinen Geschäft am Hafen, wo Julius plötzlich zusammenbricht und ins Krankenhaus gebracht werden muss. Hatte er einen epileptischen Anfall? Es wird keinen Segeltörn geben, aber es gibt auch kein Boot. Die Mutter holt ihn ab. »Fängst du schon wieder an? Ich mache mir Sorgen um dich.« Wir folgen Julius in sein Elternhaus, in seine WG, zu seiner neuen Freundin, zu einem Abendessen mit deren Eltern und in einen Spätkauf. Und in eine Diskothek; die Milchtüte, die er gerade im Spätkauf erstanden hat, trägt er noch immer in der Hand. Überall schnappt Julius etwas auf, übernimmt es in seinen eigenen Fundus und verändert seine Lebensgeschichte. Dies alles geschieht beiläufig, geschmeidig und gleichzeitig frappierend. Okay, für die Psychiatrie reicht Julius Macke wohl nicht, aber für eine Diagnose? »Pseudologia phantastica« gibt zumindest die Richtung an. Die Leistung dieses bemerkenswerten Ensembles können Sie ab Juni bewundern.
Ilse Eichenbrenner in Soziale Psychiatrie
Letzte Aktualisierung: 02.06.2024