In vielen Ländern Europas oder in den USA wird das Modell der "Unterstützten Beschäftigung" ("Supported Employment") bereits seit den 80er-Jahren erfolgreich umgesetzt. Psychisch Kranke werden dort ohne Training direkt auf dem ersten Arbeitsmarkt eingesetzt und durch einen Jobcoach begleitet. Dieser Jobcoach wird in der Vermittlung eines angemessenen Arbeitsplatzes, der Begleitung der Betroffenen in Krisen und der Kontaktaufnahme mit dem Arbeitgeber wirksam.
Dieser sogenannte "First place then train"-Ansatz hat in wissenschaftlichen Studien seine Überlegenheit gegenüber den traditionellen arbeitsrehabilitativen Ansätzen bewiesen. Denn Maßnahmen nach dem Prinzip "erst trainieren, dann platzieren" können – wie in der wissenschaftlichen Diskussion bisweilen kritisiert – durch eine lange Trainingsphase demotivierend wirken. Auch muss die Anwendbarkeit des unter Trainingsbedingungen Gelernten am realen Arbeitsplatz kritisch hinterfragt werden.
Gesetzlich geregelt ist die Unterstützte Beschäftigung in § 38a SGB IV. Ziel ist es, behinderten Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten.
Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und – bei Bedarf – auch eine Berufsbegleitung. Die individuelle betriebliche Qualifizierung wird in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes durchgeführt. Sie dient der Erprobung geeigneter betrieblicher Tätigkeiten sowie der Unterstützung bei Einarbeitung und Qualifizierung. Die Maßnahme wird vom zuständigen Rehabilitationsträger für bis zu 2 Jahre erbracht, kann aber unter bestimmten Bedingungen um weitere 12 Monate verlängert werden.
Leistungen der Berufsbegleitung nach § 38a Abs. 3 SGB IX kommen im Anschluss an die Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses zur Anwendung, wenn, und solange, zu dessen Stabilisierung Unterstützung und gegebenenfalls auch eine Krisenintervention erforderlich sind. Liegt die Zuständigkeit bei einem Rehabilitationsträger, stellt dieser die Berufsbegleitung sicher. Anderenfalls wird die Leistung vom Integrationsamt bzw. von Integrationsfachdiensten erbracht.
In der S3-Richtline "Psychosoziale Therapien" bestätigt die DGPPN die Wirksamkeit solcher Maßnahmen. Zur Förderung der Teilhabe schwer psychisch kranker Menschen am Arbeitsleben sollten darüber hinaus auch Angebote vorgehalten werden, die nach dem Prinzip "erst trainieren, dann platzieren" vorgehen. Diese sind insbesondere für die Teilgruppe schwer psychisch Kranker unverzichtbar, für die eine Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt (noch) kein realistisches Ziel darstellt. Eine entsprechende Entlohnung erhöht die Wirksamkeit der Angebote.
Eine Kombination dieser Angebote, die mit ihren Interventionen auf Motivationssteigerung abzielen und ein rasches Überleiten der Programmteilnehmer in bezahlte (übergangsweise) Beschäftigung ermöglichen können, erhöht ebenfalls die Wirksamkeit.
Eine Ausweitung der "Unterstützten Beschäftigung" in einer dem evidenzbasierten amerikanischen Vorbild nahekommenden Form, erscheint daher als ein vielversprechender Weg, berufliche Inklusion zu ermöglichen. Flexibilisierungen der bisherigen Lohn-, Renten- und Subventionspolitik scheinen hierfür von zentraler Bedeutung zu sein. In Deutschland gibt es bisher beispielsweise noch nicht die Möglichkeit einer gestuften Berentung am Arbeitsplatz oder eines zeitlich unbefristeten Jobcoaches. Erste Weiterbildungsgänge zu diesem Berufsbild werden jedoch schon aufgebaut.
Auch die Einführung flexibler Entlohnungsmodelle – wie etwa in der Schweiz –, bei denen der Arbeitgeber einen psychisch behinderten Menschen lediglich gemäß seiner Arbeitsleistung entlohnt und dem Arbeitnehmer die entstehende Differenz durch eine Teilrente der Invalidenversicherung partiell erstattet wird, könnten geeignet sein, die Zugangsschwelle zum allgemeinen Arbeitsmarkt in Deutschland zu senken. Ganz besonders dann, wenn Arbeitgeber, die einen Arbeitsplatz für einen psychisch behinderten Menschen zur Verfügung stellen, zusätzliche finanzielle Anreize (z. B. Steuererleichterungen oder Subventionen) erhalten.
Letzte Aktualisierung: 10.04.2024