Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie
Dachverband Gemeindepsychiatrie
Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen
Psychiatrie Verlag

Psychotherapie

Eine Psychotherapie wird von speziell ausgebildeten Therapeuten durchgeführt; der Patient muss diese Therapie von sich aus wollen und bereit sein, im Rahmen eines Arbeitsbündnisses über einen längeren Zeitraum hinweg regelmäßig an den vereinbarten Therapiesitzungen teilzunehmen.

Anders als bei einer medizinischen Behandlung, bei denen Ärzte die Untersuchungsmethoden bestimmen, die Diagnose stellen und die Behandlung mehr oder weniger festlegen, übernehmen Patienten in der Psychotherapie sehr viel mehr Verantwortung für die einzelnen Behandlungsschritte. Der Veränderungswunsch eines Menschen stellt die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung dar.

Psychotherapien sind in der Regel anstrengend und erfordern eine hohe Bereitschaft zur Mitarbeit. Eine wesentliche Besserung stellt sich häufig erst nach einer längeren Therapie ein. Diese Mühen und Durststrecken werden leichter akzeptiert, wenn die "Chemie" zwischen Psychotherapeut und Patient stimmt. (...)

Wer braucht eine Psychotherapie?

Eine ergänzende Psychotherapie ist vor allem dann erforderlich, wenn die Annäherung an das seelische Normalbefinden aus eigener Kraft – trotz Unterstützung durch Psychopharmaka – nicht erreicht werden kann. Der Wunsch nach einer Psychotherapie wird in einer solchen Situation sicher von jedem Psychiater unterstützt. (...)

Stellenwert

Ziele von Psychotherapie liegen zunächst in einer Verminderung des seelischen Leids und der Reduktion von Krankheitszeichen; gleichzeitig werden Ressourcen und Kompetenzen gestärkt. Mögliche auslösende bzw. die Symptomatik verstärkende Faktoren werden betrachtet und Veränderungen im Erleben, Denken und Verhalten angestrebt.

Wirkfaktoren einer erfolgreichen Psychotherapie

Das A und O einer gelingenden Psychotherapie besteht zuallererst in einer guten therapeutischen Beziehung. Diese Feststellung mag zwar trivial klingen, aber sie sollte für alle Therapeuten eine verpflichtende Herausforderung sein, sich entsprechend zu engagieren und auch den anfangs oft sehr skeptischen und scheinbar "unmotivierten" Patienten zu helfen, nicht vorzeitig zu resignieren und abzubrechen.

Dann muss gemeinsam mit den Patienten eine Erklärung, ein Störungsmodell, erarbeitet werden, warum es zum Ausbruch der seelischen Erkrankung gekommen ist. In einem Zeitalter, in dem es fast für alle Phänomene mittlerweile logische und gut nachvollziehbare Argumente gibt, ist das Bedürfnis der Erkrankten verständlicherweise groß, auch für ihr Problem eine gut nachvollziehbare Erklärung zu finden. Denn nur wenn ich weiß, woher meine Probleme kommen, kann ich auch mit voller Kraft an Bewältigungsmaßnahmen mitwirken. (...)

Die genaue Erarbeitung eines Störungsmodells unter Einbeziehung endogener Vulnerabilitätsfaktoren zählt zu den wesentlichen Voraussetzungen einer langfristig erfolgreichen Psychotherapie. Dieser Prozess ist nur auf dem Boden einer vertrauensvollen Zusammenarbeit von Patient und Therapeut möglich.

Formen der Psychotherapie

Humanistische Behandlungsverfahren wie Gesprächspsychotherapie, Psychodrama oder Logotherapie eignen sich gut zur Langzeitbehandlung von Schizophrenien, bei affektiven Psychosen, bei Borderline-Erkrankungen und vor allem bei generalisierten Angsterkrankungen.

Tiefenpsychologische Behandlungsverfahren sind bei schizophrenen Psychosen nur für besonders interessierte und weitgehend gefestigte Patienten zu empfehlen, die eine stabile Langzeitmedikation einnehmen. Bei Borderline-Erkrankungen, bei Angst- und Zwangsstörungen und vor allem bei sogenannten neurotischen Depressionen, die mit besonders ungünstigen Lebensbedingungen während der frühen Kindheit in Zusammenhang gebracht werden, sind diese Behandlungsverfahren in erster Linie angebracht.

Kognitiv-verhaltenstherapeutische Methoden haben sich bei nahezu allen psychiatrischen Erkrankungen sehr bewährt, insbesonderebei der Langzeitbehandlung von schizophrenen Patienten, bei Depressiven, bei Angstpatienten und bei Zwangserkrankungen. Durch eine spezielle Weiterentwicklung in Form der dialektischbehavioralen Therapie (DBT, nach Marsha Lineham) ist die Verhaltenstherapie auch zu einer wichtigen Stütze bei der Behandlung von Borderline-Patienten geworden.

Entspannungsverfahren werden in der Regel als Zusatzverfahren während der Durchführung einer der oben genannten Psychotherapien eingesetzt und sind außer bei sehr akuten schizophrenen Psychosen fast immer zu empfehlen; bei Zwangserkrankungen scheint die Wirkung aber eher begrenzt zu sein.

Literatur

  • Volker Arolt, Christian Reimer und Horst Dilling (2011): Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer Verlag.
  • Bundespsychotherapeutenkanner (2019): Wege zur Psychotherapie [PDF].
  • Jürgen Kriz (2016): Grundkonzepte der Psychotherapie. Beltz Verlag.
  • Ulrich Voderholzer und Fritz Hohagen (Hg.) (2016): Therapie psychischer Erkrankungen. Urban & Fischer Verlag.

Internet

Letzte Aktualisierung: 05.04.2024