Ich will keine Selbsthilfegruppe aufbauen, obwohl – ich als Schwäbin in Berlin … Nein, im Ernst. Müsste ich aber eine Selbsthilfegruppe aufbauen, so wäre ich mit diesem Band 33 aus der Reihe "Psychosoziale Arbeitshilfen" des Psychiatrie-Verlags optimal bedient.
Denn Janine Berg-Peer erklärt nicht nur, wie eine Selbsthilfegruppe zu moderieren ist, sondern weit mehr rund um dieses Thema. Was sind Selbsthilfegruppen, welche verschiedenen Formen gibt es, weshalb wirken sie? Sie erklärt, wie Selbsthilfegruppen ganz konkret aufgebaut und organisiert werden. Dabei widmet sie sich den ganz profanen, aber extrem wichtigen Fragen: Wie finanziert man eine derartige Gruppe? Wie und wo beantragt man Fördergelder?
Sie erklärt wunderbar geduldig und kleinschrittig. Vermutlich hat kaum eine Angehörige in ihrem "unbetroffenen" Leben einen Veranstaltungsraum suchen oder gar einen Flyer gestalten müssen. Der Leser lernt all dies bis ins Detail, und – noch besser – als Download sind klare und einfache Musterschreiben herunterzuladen. Abschreiben, einfügen und fertig.
Ähnlich kleinteilig und auf Augenhöhe werden auch die einzelnen Schritte der Werbung und der Moderation von Gruppen für Angehörige oder Betroffene vorgestellt. Besonders interessant war für mich die Vorstellung neuer, digitaler Formate, die – wie Frau Berg-Peer konstatiert – im deutschen Raum noch nicht ausreichend genutzt werden. Vor allem in ländlichen Regionen ist das Angebot von »Webinaren« sinnvoll; sie erklärt aber auch, wie man ein Facebook-Profil erstellt und ein Gruppenangebot für ausgewählte Mitglieder aufbaut. Wie funktioniert es? Das wird in vielen grau markierten Abschnitten genau erklärt.
Janine Berg-Peer ist in jeder Hinsicht eine Fachfrau. Sie hat eine lange Berufspraxis als Beraterin und Coach und persönliches Expertenwissen als Angehörige. Sie hat Gruppen selbst aufgebaut und moderiert und nun zusammengetragen, was ihr aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen wichtig erscheint. Ein Interview mit ihr zu diesem Buch ist im Psychiatrienetz auf der Seite der Familienselbsthilfe zu finden. Dieser ungemein nützliche Band ist auch Profis rundum zu empfehlen.
Ilse Eichenbrenner in Soziale Psychiatrie
Letzte Aktualisierung: 10.04.2017