»Beim Letzten anfangen, da wo es sich am Wenigsten lohnt.« Die Forderung von Klaus Dörner, dass nicht die Orientierung an den Kategorien und Prinzipien des Marktes das bestimmende Handlungsmotiv der Sozialen Arbeit sein soll, sondern die konsequente Orientierung am Menschen, konkurriert in allen psychiatrischen Einrichtungen und Diensten mit der Erfordernis, den Prinzipien der Wirtschaftlichkeit zu genügen. Angesichts dieses Dilemmas tut es gut, den Blick nach vorne zu richten und der Perspektive betriebswirtschaftlicher Logiken mit denen der Pädagogik entgegenzutreten.
Diese unterstreichen die Notwendigkeit, den ökonomischen und Managementanteil Sozialer Arbeit aus der Perspektive der Sozialen Arbeit zu betrachten. in dieser Tradition steht das »Handbuch für Wissenschaft und Praxis« von Klaus Grunwald und Andreas Langer.
Es dient nicht nur einem Überblick über den aktuellen Diskussionsstand und die Einführung wirtschaftlicher Theorien, sondern gerade die Besonderheiten sozialen Wirtschaftens werden in ihm gestärkt. Auf fast 1000 Seiten bekräftigt es Führungs- und Fachkräfte sowie Studierende und Forschende der Sozialwirtschaft in ihrer Stimme gegen den neoliberalen Geist unserer Zeit.
Diskutiert werden aus dem Blick der Sozialen Arbeit die zentralen Fragen des Sozialmanagements und der Sozialwirtschaft. Dabei präsentiert das Handbuch die grundlegenden Wissensbestände unter Einbeziehung von Perspektiven unterschiedlicher Disziplinen, nicht nur aus Rechtswissenschaft, Betriebs-, Volkswirtschafts- und Managementlehre, sondern gerade auch aus Soziologie, Sozialer Arbeit und Sozialpolitik.
Das Handbuch stellt die Strukturen sozialer Dienstleistungen in den modernen »Märkten der Sozialwirtschaft« ebenso vor, wie es auf die Rahmenbedingungen auf allen politischen Ebenen eingeht. Deutlich werden dabei u. a. die Spannungsverhältnisse zwischen Ethik und Markt. Dem Themenkomplex des Managements der Organisationen wird ein großer Teilbereich gewidmet, um gerade auf die Aushandlungsprozesse, auch innerorganisational, näher einzugehen. Auch das Thema der Digitalisierung wird tiefer beleuchtet. Weiterhin ist ein ganzer Abschnitt der Innovation und den »Trends der Weiterentwicklung« gewidmet, um auch Anregungen zum Nach- und Weiterdenken für Praxis und Wissenschaft zu bieten.
Das Werk ist daher für all jene interessant, die im Bereich der Sozialwirtschaft agieren und in ihrem Alltag zwangsläufig mit systemimmanenten Dilemmata konfrontiert sind. Ethische und fachliche Prinzipien müssen mit den (sozial)wirtschaftlichen Anforderungen nicht nur irgendwie zusammengebracht werden, sondern eigentlich sollten die ersteren die Priorität einnehmen. Dafür braucht es jedoch Handwerkszeug und eine Stimme, die als solche auch gehört wird. Das Werk von Grunwald und Langer erweitert in diesem Sinne unsere Handlungs- und Deutungsmuster und vermag auch zum besseren Verständnis der Notwendigkeit einer Verknüpfung von Wirtschaftlichkeit und Sozialem beitragen.
Denn darin kann auch eine Chance gesehen werden, vermag doch eine Orientierung an wirtschaftlichen Grundsätzen auch der Professionalisierung der Sozialen Arbeit Vorschub zu leisten, was wiederum jenen nützt, an denen unser fachliches Handeln ausgerichtet sein soll: Den Menschen. Das Handbuch richtet sich sowohl an die Wissenschaft als auch an die Praxis und kann als neuestes Standardwerk zur Thematik nur wärmstens empfohlen werden.
Jonas Kabsch, Klaus Obert in Psychosoziale Umschau
Letzte Aktualisierung: 24.04.2020