Ob ein Bilderbuch das passende Medium ist, um Menschen mit einer Depression wirkungsvoll zu helfen? In diesem Fall muss es eindeutig heißen "Ja!", denn "Mein schwarzer Hund" erfasst die Problemlagen rund um Depressionen sehr feinfühlig.
Das aus dem Englischen übersetzte Buch beschreibt einen Mann mittleren Alters, der von einem "schwarzen Hund" – einem Synonym für Depression – verfolgt wird, der sich mehr und mehr in sein Leben einschleicht. Der schwarze Hund lässt den Mann sich "leer und schal fühlen", er "kommt aus heiterem Himmel" und "verdirbt den Appetit". Das Konzentrationsvermögen ist beeinträchtigt, ebenso wie der eigene Antrieb und das Selbstwertgefühl. Zusätzlich macht der schwarze Hund ihn reizbar und ängstlich und nimmt ihm die Nachtruhe durch immer wiederkehrende negative Gedanken. So werden diverse Symptome beschrieben, die Menschen mit Depressionen nur allzu gut kennen.
Nebenbei nimmt das Buch das Bedrohliche von der Erkrankung und zeigt auf humorvolle Weise, dass verschiedene Bevölkerungsschichten von der Depression betroffen sind ("Der schwarze Hund ist eine Promenadenmischung mit Sinn für soziale Gerechtigkeit"). Vortrefflich wird gezeigt, welche Möglichkeiten des Umgangs mit der Depression bestehen und ausprobiert werden: Gesprächstherapie, Medikation, eine Selbsthilfegruppe, Entspannungstechniken, Bewegung und ein Gefühlstagebuch.
Der Umgang mit dem schwarzen Hund wird aus der Sicht eines Ich-Erzählers beschrieben, der schließlich – trotz aller Therapieerfolge – resümiert: "Wahrscheinlich wird der schwarze Hund immer ein Teil meines Lebens bleiben. Aber ich habe gelernt, mit Geduld, Humor, Verständnis und Disziplin sogar den schlimmsten schwarzen Hund an die Leine zu legen."
Die comicartigen Bilder ermöglichen eine Übertragung der beschriebenen Situationen auf die persönlichen Befindlichkeiten und bestechen durch eine Mischung von Humor und Ernst. Feinfühlig nimmt der Autor und Illustrator, der selbst unter einer Depression gelitten hat, die Leserinnen und Leser in unterschiedliche Lebenssituationen mit und erweitert damit ungemein die Identifikationschancen mit dem Hauptdarsteller.
Jeder, der schon mit Depressionen zu tun hatte, sei es als Betroffener oder Angehöriger, wird sich in dem Buch wiederfinden, und mit einem lachenden und einem weinenden Auge weiterblättern. Alles in allem ist das Buch nicht nur ein schönes Geschenkbuch, sondern auch hervorragend im Einzelsetting oder in Gruppen von Betroffenen bzw. Angehörigen einzusetzen. Es ermutigt zu einem konstruktiven, offenen Umgang mit der Erkrankung, stärkt so das Selbstwertgefühl und gibt allen beteiligten Menschen Hoffnung, Depression zwar vielleicht nicht besiegen, aber immerhin »an die Leine legen« zu können.
Detlef Rüsch in Psychosoziale Umschau
Letzte Aktualisierung: 14.08.2024