Erst seit den 1990er-Jahren beschäftigt sich die Wissenschaft mit den Auswirkungen des Grübelns.
Das Phänomen Grübeln kennt fast jeder. Aber erst die Übertreibung ruft den Arzt auf den Plan, wenn aus dem Grübler ein depressiver Patient geworden ist ... Die negative Seite des krank machenden, oft vergangenheitsbezogenen Grübelns: Grübeln macht passiv, antriebslos und lethargisch und kann sogar die physische Gesundheit beeinträchtigen. Grübeln wirkt sich auch negativ bei dem Versuch aus, traumatische Erlebnisse zu überwinden. Ebenso ist die verbreitete Annahme falsch, Grübeln könne man nicht kontrollieren – ein schwerer Irrtum, wie der Autor beweisen kann.
Denn dieser Irrtum bewirkt, dass Grübler erst gar nicht versuchen, den Grübelprozess zu unterbrechen. Sie geraten deshalb immer mehr in einen Teufelskreis, aus dem sie nicht ohne Hilfe wieder herausfinden. Viel-Grübler stellen oft die sinnlose "Warum- Frage: Warum passierte gerade mir das?" Sie sehen sich dann schnell in all ihrem Tun als Versager.
Wer dagegen Distanz zu seinen niederdrückenden Gedanken gewinnt, indem er sie als bloße Gedanken erkennt und nicht als Tatsachen, kann sie als vorübergegangene Ereignisse verstehen, die die Wirklichkeit nicht eins zu eins abbilden. Er kann sich von ihnen distanzieren, weil sie bloß eine von vielen möglichen Interpretationen sind. Mit welchen Hilfsmittel der Grübler sich selbst helfen kann, legt der Autor mit klaren und deutlichen Worten dar.
Für Tobias Teismann sind vor allem die "Wie-Fragen", die nach Lösungen suchen und diese ermöglichen, wichtig, die der Grübler sich stellen muss. Denn diese verfolgen Ziele und führen so heilsame Veränderungen herbei, um die gegenwärtige Situation zu meistern. Daher ist bedeutsam nicht das, worüber man ergebnislos über eine belastende, nicht mehr veränderbare Vergangenheit grübelt, sondern wie man zielorientiert zu vernünftigen lebbaren Ergebnissen kommt.
Die im Buch aufgeführten und erlernbaren Strategien und Übungen sowie die Fallbeispiele, Studien und Arbeitsblätter sollen helfen, aber auch zeigen, wie strukturiertes Problemlösen funktionieren kann, um schädliches Grübeln zu unterbinden und die Stimmung des Grüblers wieder zu heben. Den negativen Gedanken werden auf diese Weise ihre Grundlage entzogen, die angewandten Techniken – sowie expressives Schreiben, das sich vorzüglich zur Verarbeitung emotional belastender Ereignisse eignet, tragen dazu bei, wieder positive Gedanken zu erzeugen. Allerdings sollten wiederkehrende, nicht zu unterbindende belastende Gedanken ernst genommen und nicht unterdrückt, sondern durch eine Therapie behandelt werden.
Teismann ist mit einfachen, klaren Worten gelungen, ein verständliches, gut strukturiertes Buch zu schreiben. Es überzeugt, wenn er schreibt, dass er mit Patienten gearbeitet und herausgefunden hat, dass man sein Buch mit Gewinn auch allein durcharbeiten kann. Nach der Lektüre seines Buches kann ich das bestätigen und gut nachvollziehen. So können vor allem Depressive durch praktische Hilfen wieder lernen, ihr Leben selbstbestimmt in die Hand zu nehmen, um wieder zu Akteuren ihres eigenen Lebens zu werden.
Beatrix Brunelle in Sozialpsychiatrische Informationen
Letzte Aktualisierung: 26.04.2024