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Psychiatrie Verlag

Die wundersame Welt des Louis Wain

Louis Wain wurde als „Der Katzenmaler“ weltberühmt. Gehört er zu den Außenseiterkünstlern? Als professioneller Illustrator ist er dies zunächst auf keinen Fall. Aber im Laufe seines Lebens wurde er wohl immer merkwürdiger, panischer, manischer, und die letzten Lebensjahre verbrachte er in einer psychiatrischen Anstalt. Posthum wurde eine Schizophrenie diagnostiziert. Seine lebenslange, wahnhafte Obsession für das neue Phänomen der Elektrizität ist überaus sympathisch. Geht es uns nicht auch manchmal so, wenn wir die unfassbaren Wunder bestaunen, die unser Smartphone vollbringen kann, oder das schlichte Laptop, an dem dieser Text geschrieben wurde? Die Frage, ob nun Wain der Outsider Art zuzuordnen ist, wäre ein eigenes in sich widersprüchliches Das Internet bietet dazu reichlich Material. Hier aber soll ein Film besprochen werden.

Louis Wain ist 20 Jahre alt, als sein Vater stirbt und er die Familie, bestehend aus der Mutter und fünf Schwestern versorgen muss. Er ist ein verschrobener Exzentriker, der zeichnet, komponiert und erfindet. In einer kurzen Szene am Anfang bestaunt er einen kleinen Mops, und schenkt dem Besitzer eine Zeichnung, für die er nur wenige Sekunden lange beide Hände über das Blatt fliegen lässt. Reine Zauberei. Schließlich bekommt Louis Wain eine feste Anstellung als Zeichner bei den „Illustrated London News“. In dem turbulenten Haushalt wird eine Gouvernante eingestellt, in die sich der zehn Jahre jüngere Wain verliebt. Die beiden werden ein Paar, doch bei Emily wird ein unheilbarer Brustkrebs diagnostiziert. Sie finden ein Kätzchen, nennen es Peter, und nehmen es, in jenen Jahren völlig unüblich, in ihren Haushalt auf. Damit ist die Katzenmanie von Louis Wain besiegelt. Nach einer kurzen glücklichen Zeit mit Emily widmet er sich nach deren Tod immer stärker den Katzen. Er zeichnet sie in Natura, als Karikatur und Grinsekatze, gemustert, gestreift und geblümt, naturalistisch und psychedelisch und vor allem vermenschlicht er sie. Er malt eine Katzenfamilie, ein Katzenuniversum. Immer wieder kommt es zu kurzen psychischen Ausnahmezuständen, er halluziniert, er fühlt sich von Elektrizität beeinträchtigt und gefoltert.

Louis Wain ist eine authentische Figur, der Film also ein Biopic. In der Tat löste er mit seinen Katzenbildern weltweit einen ungeheuren Hype aus – lange bevor Comics und Mangas die Jugend faszinierten. Ich empfand diesen Film als ungeheuer britisch. Die Einrichtung der winzigen Zimmer, die vollgestopften Häuser, die vielen Menschen, Katzen und Tiere – ich wähnte mich in einem animierten Wimmelbild. Auch die Gärten und die Landschaft sind fast surreal bunt -keine Ahnung mit welchen Filtern und Techniken dieses Konzept filmisch realisiert wurde. Man staunt. Natürlich ist der ganze Film ungeheuer kitschig. Aber der grandiose Benedict Cumberbatch unterspielt den irrren Künstler, er gibt ihn als sanften, überaus zerbrechlichen Gentleman und hilft so, die Balance zu halten. Die letzten Lebensjahre ab 1928 hat Louis Wain in einer Anstalt verbracht. Vermutlich ist diese letzte Anekdote nicht authentisch: Jener Mann mit dem kleinen Mops aus der Anfangsszene sorgt dafür, dass für Wain eine Einrichtung gegründet wird, in der er seine geliebten Katzen um sich scharen darf.

Ilse Eichenbrenner

Letzte Aktualisierung: 28.04.2022