Mit großer Spannung wurde die neue Regiearbeit von Nora Fingscheidt erwartet; sie hatte 2019 mit ihrem Wettbewerbsfilm »Systemsprenger« nicht nur die psychosoziale Szene aufgewühlt. Ihr Spielfilm »The Outrun« basiert auf dem autobiografischen gleichnamigen Bestseller von Amy Liptrot. Die Hauptrolle spielt Saoirse Ronan, die auch an der Produktion beteiligt war.
Rona, eine junge hübsche Biologie-Doktorandin lebt in London ein aufregendes, wildes Leben. Sie verbringt die Abende in den Clubs, allein oder mit ihrem Partner. Manchmal wird sie hinausgeworfen, wenn sie betrunken über die Stränge schlägt. Einmal steigt sie in ein fremdes Auto ein und erwacht schwer verletzt im Krankenhaus. Der Absturz ist unvermeidlich. Rona führt ein Aufnahmegespräch in einer Klinik; sie steigt in ein Therapieprogramm ein, bei dem sie täglich eine Selbsthilfegruppe besuchen muss. Rona ist pessimistisch: »Ich werde nüchtern niemals glücklich sein.« Doch sie findet erste Zuversicht in der bunten Truppe.
Ronas Heimat sind die Orkney-Inseln. Ihr an einer bipolaren Störung erkrankter Vater hat dort eine Schafzucht; die getrennt lebende Mutter hat im christlichen Glauben ihr Glück gefunden. Ronan besucht die Eltern; sie hilft dem Vater auf seiner Farm, und kehrt doch immer wieder in ihr altes Leben nach London zurück. Doch dann bleibt sie. Sie steigt in ein ökologisches Projekt ein, wo sie auf einer kleinen Insel den seltenen Wachtelkönig aufspüren und zählen muss. Sie berät die örtlichen Bauern zum Thema Naturschutz. Sie führt in einem kleinen Haus einen einfachen Haushalt. Sie badet im Meer und ist dort bald umringt von Robben. In einer sehr schönen Szene erkennt ein einheimischer Mann, was mit ihr los ist. Er ist seit zwölf Jahren trocken. Es sei immer noch schwer, werde aber immer leichter. Die Mutter kommt zu Besuch, Ronan kommt zur Ruhe. Ich muss gestehen, dass ich den sehr raschen und kurzen Rück- und Vorblenden nur schwer folgen konnte. Immerhin geben Ronans Haare eine Orientierung: Mal sind sie grün, dann blau und schließlich leuchtend orange.
Ilse Eichenbrenner in Soziale Psychiatrie
Letzte Aktualisierung: 05.06.2024