Das Buch empfahl mir eine Ergotherapeutin. Zuerst sprach mich der nüchterne, sachliche Titel »Resilienz: Der Wir-Faktor« wenig an. Die einfach aufgemachte Papierausgabe mit dem Titelbild zweier Delfine kurz vor einem Zusammenstoß, ergaben für mich keinen Resilienzzusammenhang, höchstens eine Assoziation zu dem »Wir«.
Doch bald wurde mir bewusst, dass das Buch zehn sehr interessante Kapitel beinhaltet, mit sehr vielen Beispielen, Anregungen und Vorschlägen. Es ist das erste Buch, das ich zweimal lesen möchte, so sehr faszinieren all die im Buch versammelten Erfahrungen und Beobachtungen des Züricher Psychotherapeuten und Psychiater Gregor Hasler. Sprachlich hat mich das Buch öfter so mitgenommen, dass ich die einfache Bedeutung der Sätze nicht glauben wollte und mehrmals einen Satz oder Abschnitt lesen musste.
Die Kapitel »Fürchten falsch gelernt« oder »Geborgen in der Gegenwart« sind so persönlich berührend geschrieben, als hätte der Autor das Geschriebene selbst durchlebt. Das Buch führt vor Augen, was in die Stress-Krise führen kann – und gibt vielen Anregungen, die auch wieder hinausführen können. Aus seiner langjährigen Erfahrung weiß Hasler, welche Maßnahmen zur Stärkung der Widerstandskraft wirklich anwendbar und hilfreich sind. So schreibt er im dritten Kapitel »Der Dauerkampf um sozialen Status« über die Bedeutung der extrinsischen und intrinsischen Motivation: »Wer regelmäßig die Welt mit Humor betrachtet, wird mit der Zunahme an grauer Hirnsubstanz belohnt. Das stärkt die psychische Widerstandskraft im Status-Dauerkampf.« Laut Klappentext ist das Buch für alle, die stressresistenter leben möchten, auch für Psychologen, Psychotherapeuten, Neurowissenschaftler und Ärzte.
Ich finde, das Buch sollte Pflichtlektüre für alle Menschen werden, die im psychiatrischen System arbeiten, und alle Menschen, die sich entwickeln wollen. Erstmals wird der soziale Faktor umfassend und nachvollziehbar beschrieben. Und da haben wir ihn dann auch, den Wir-Faktor, der die Widerstandskraft (Resilienz) stärken kann.
Franz-Josef Wagner in Psychosoziale Umschau
Letzte Aktualisierung: 17.04.2024