Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie
Dachverband Gemeindepsychiatrie
Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen
Psychiatrie Verlag

»Peerspektiven« – alle profitieren vom Rollenwechsel

Zunächst einmal möchte ich das Herausgeberteam vorstellen: Dr. phil. Susanne Ackers arbeitet in der Geschäftsführung beim Freundeskreis Integrative Dienste gGmbH. Sie war bis 2020 Trainerin für EX-IN und ist Mitglied im Vorstand des bundesweiten Vereins EX-IN Deutschland e.V. Diplom-Psychologe Klaus Nuißl leitet EX-IN-Trainerkurse mit an. Er ist am Bezirksklinikum Regensburg als EX-IN Genesungsbegleiter und beim Bezirk Oberpfalz als Koordinator zum Thema EX-IN tätig. Beide haben Erfahrungen in verschiedenen Arbeitsfeldern. Zusammen haben sie zwanzig Genesungsbegleitende eingeladen, ihren Rollenwechsel von Nutzerinnen und Nutzern zu psychiatrieerfahrenen Kolleginnen und Kollegen zu reflektieren. Wer arbeitet wo, wie lange, mit welchen Aufgaben und in welchem Beschäftigungsverhältnis? Persönliche Erfahrungen zusammen mit praktischen Fakten geben Einblicke in die verschiedenen Arbeitsfelder und liefern Erkenntnisse über das Gelingen des Rollenwechsels.

Die einzelnen Beiträge gliedern sich nach den Einsatzgebieten der Autorinnen und Autoren. Anhand von neun Leitfragen, die ihnen vom Herausgeberteam mit auf den Weg gegeben wurden, berichten zwanzig Genesungsbegleitende aus ihren Tätigkeitsbereichen: von verschiedenen Stationen und Ambulanzen von Kliniken, aus der Forensik, aus Tageszentren, dem Betreuten Wohnen, dem Sozialpsychiatrischen Dienst, aus Beratungsstellen, von Dozentinnen- und Trainertätigkeiten sowie der Forschung in Deutschland, der Schweiz und Österreich. Am Ende jedes Beitrags erhält die Leserschaft Informationen über den Arbeitgeber, die Stundenzahl, die Finanzierung, die Größe des Teams, den Beschäftigungszeitraum und über die Autorin bzw. den Autor.

Annika Fritsch erzählt von der Unterstützung durch verschiedene Leitungspersonen zur Implementierung der Genesungsbegleitung, Jenny Ziegenhagen berichtet über ihre Forschung. Von Gwen Schulz erfahren wir etwas über ihre Tätigkeit in einer Hamburger Klinik, Thelke Scholz berichtet aus der Sicht einer freien Dozentin und Autorin. Über die Herausforderungen im Sozialpsychiatrischen Dienst in Bayern schreibt Oliver Kustner. Über ihre Rolle im Team reflektieren Sabine Joel, Catharina Flauder und Klaus Nuißl, der aufzeigen wollte, wie seine Rolle als »Doppel-Psych« (S. 20) zu Irritationen führte. Zu der Frage, ob sie selbst einmal Klienten waren in der Einrichtung, in der sie jetzt arbeiten, und inwieweit das ihre Arbeit beeinflusst, äußern sich Peter Sühwold und Jens Pusitzky. Das fand ich besonders interessant. Dr. Michaela Müller war maßgeblich an der Einführung und Umsetzung von der EX-IN-Philosophie bei einem sozialen Träger in Berlin beteiligt. Gemeinsam mit der Geschäftsführung ging sie diesen Weg, bis sie im Juni 2020 plötzlich und unerwartet verstarb. Ihr Beitrag, den sie unter dem Pseudonym Svenja Bunt verfasst hat, beschreibt ihren Weg in Berlin-Spandau. Ihr ist dieses Buch gewidmet.

Mehr und mehr wird der Einsatz von Peers zur Regel, die Wirksamkeit ihrer Mitarbeit ist wissenschaftlich fundiert. Die persönlichen Berichte vermitteln nicht nur Denkanstöße, sondern geben vor allem spannende Einblicke und Impulse für das eigene Arbeitsfeld. Studierende, Betroffene, Professionelle, Leitungskräfte sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Bereiche der psychiatrischen Versorgung können von diesem Buch profitieren. Sowohl von den persönlichen Berichten als auch von den Tipps zum Weiterlesen am Ende des Buches. Ich empfehle es allen Interessierten.

Astrid Delcamp in Soziale Psychiatrie

Letzte Aktualisierung: 17.04.2024