Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie
Dachverband Gemeindepsychiatrie
Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen
Psychiatrie Verlag

Seeleninferno

»Seeleninferno« hat Dr. Ralf Gero C. Dirksen seinen »erzählenden Ratgeber für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen« betitelt. Die SP-Leser werden sich wahrscheinlich an seinen Beitrag »Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen« (SP 04/2021) erinnern, in dem der Autor seinen mehrfachen Seitenwechsel schildert. Denn neben der langjährigen Behandlung einer schizoaffektiven Störung in psychiatrischen Fachkliniken hat Dirksen als Gesundheitsökonom und Organisationsentwickler im Management psychiatrischer Kliniken erfolgreich gearbeitet.

Im Prolog formuliert der Autor die Intention des Buches, ein »autobiographisches Sachbuch mit Ratgeberfunktion« zu schreiben, »das das Denken und Erleben von psychisch erkrankten Menschen in den Mittelpunkt stellt und daraus Behandlungsansätze für Betroffene, ihre Angehörigen und professionellen Helfer ableitet« (S. 9). Im Zentrum des Buches steht dabei Dirksens eigene Lebens- und Krankheitsgeschichte. Der Autor rekapituliert auf der Basis von Erinnerungen, den Gesprächen mit Angehörigen und Bekannten sowie Epikrisen und Krankenhausrechnungen seine Odyssee durch die Psychiatrie. Dirksen schreibt über seine Kindheit und die ersten Warnhinweise auf ein seelisches Ungleichgewicht während des Studiums, er thematisiert nicht bewältigte Beziehungen und Suizidgedanken, benennt und bewertet Behandlungen mit Medikamenten, EKT und anderen Therapiemethoden, und er schildert seine Eindrücke von den Aufenthalten und dem Personal verschiedener Kliniken. Bemerkenswert ist es, wie es Dirksen gelingt, trotz seiner häufigen psychischen Krisen beruflich Karriere zu machen, zahlreiche Ausbildungen und Abschlüsse zu erreichen und zu promovieren – bis irgendwann, auch durch Konflikte mit Vorgesetzten und Kolleginnen und Kollegen, der nächste psychische Zusammenbruch folgt. Deutlich wird auch, wie stark die Belastung für die nächsten Angehörigen ist – bis hin zum Bruch seiner Ehe.

Trotz dieses schwierigen Lebensweges und der Sorge, dass es für ihn keinen gesunden Zustand mehr geben könnte, hat Dirksen ein optimistisches Buch geschrieben, das zeigt, dass es Auswege und neue Perspektiven geben kann. Dirksen spricht davon, dass er an einem gelungenen Leben arbeite. Dazu trägt sicher bei, dass er nun als psychiatrieerfahrener Wissenschaftsjournalist seine Kompetenzen und Einsichten weitergeben kann. Jenseits der gängigen Therapien sollte es, so Dirksen, darum gehen, das Schicksal in die eigene Hand zu nehmen und die vorhandenen Selbstheilungskräfte der Seele zu aktivieren.

Thomas R. Müller in Soziale Psychiatrie

Letzte Aktualisierung: 17.04.2024