Ich gebe es gleich zu Beginn zu: Das Buch von Vera Maria über ihre Erfahrungen mit Psychose, Depressionen, Zwangsgedanken und Suizid hat mich nicht überzeugt. Ebenso möchte ich aber auch auf die positiven Rezensionen hinweisen, die online zu finden sind und die zeigen, dass dieser Erfahrungsbericht für viele Menschen hilfreich war.
Warum das Buch für mich persönlich nur begrenzt empfehlenswert erscheint, hat mehrere Gründe. Ja, Maria schreibt sehr offen und ohne Blatt vorm Mund über diese Themen und wie sie die Krankheit erlebt hat. Auch über ihre Suizidversuche spricht sie offen und ausführlich. Meiner Meinung nach fast zu ausführlich und detailliert, sodass selbst Menschen mit einer stabilen Psyche davon komisch wird. Es hätte gereicht, die Gründe für diese Taten zu beschreiben. Dass einzelne Schnitte aufgezählt werden und die Leser erfahren, wie viel Blut geflossen ist und wie teuer die Renovierungskosten waren, halte ich für begrenzt hilfreich. Diese Stellen waren schockierend. Nicht, weil sie den Suizid beschreiben, sondern weil ich es nahe an verantwortungslos finde, so etwas für jedermann zugänglich, ohne Triggerwarnung oder Ähnliches, zu veröffentlichen.
Über ihre Psychose erfahren wir einiges, jedoch auch nicht wirklich viel. Es sind Bruchstücke, was okay ist. Aber ich hatte mir bei der Lektüre mehr Einblicke in die Gefühle und Gedanken dahinter gewünscht. Stattdessen sind es fast ausschließlich Situationsbeschreibungen, die mir keinen großen Erkenntnisgewinn gebracht haben. Wenn das Buch auch dem Titel nach die Psychose im Mittelpunkt hat, so nimmt diese doch leider nur einen überraschend kleinen Teil des gesamten Textes ein. Ebenso geht es um Depressionen, Angst, Suizid, Manie, Zwangsstörungen, Drogen und diverse Klinikaufenthalte. Alles gut und wichtig, jedoch eben nicht das, was ich beim Lesen des Titels und der Beschreibung erwartet hatte.
Wie der Titel schon verrät, sieht Maria in ihrer Psychose auch eine gewisse Magie. So nimmt Spiritualität in all ihren Formen auch einiges an Platz ein im Buch. Wiederum eine an sich gerechtfertigte Tatsache, wenn das eben der Weg der Autorin war. Jedoch rutscht sie mit ihren Beschreibungen doch immer wieder nahe an eine Verherrlichung bzw. Verharmlosung der Krankheit in Richtung einer Gabe, was ich einfach gefährlich finde.
Maria beschreibt ihren Weg in die Krankheit, durch ihre dunkelsten Zeiten und auch einige Schritte hinaus. Wir erfahren, was ihr geholfen hat, welche Unterstützung für sie hilfreich war, welche Erlebnisse und Erfahrungen dazu beigetragen haben, dass sie die Krankheit mehr und mehr hinter sich lassen kann. Ebenso wird der Text durch Fotografien und Kunstwerke ergänzt, die zum Teil eng mit den Erlebnissen verknüpft sind und auf eine ganz eigene Weise Einblicke ermöglichen.
Wie an anderen Bewertungen des Buches zu sehen ist, handelt es sich hier wohl um ein Werk, dass entweder zusagt oder abschreckt. Ich hoffe, dass dieses Buch bei den Menschen landet, die mit seiner speziellen Art der Hilfestellung klarkommen und daraus für sich Kraft ziehen und Hilfe ableiten können. Aber ich hoffe auch, dass es sich darüber hinaus bitte nicht bei Lesern findet, die gerade beginnen, sich mit der Thematik zu beschäftigen, denn das könnte ein falsches Bild vermitteln. Auch instabilen Menschen wünsche ich, dass dieses Buch nicht den Weg in ihre Hände findet, einfach aus Angst vor Nachahmung.
Zum Abschluss und trotz meiner persönlichen Probleme mit dem Buch möchte ich der Autorin danken und meinen Respekt ausdrücken für diesen mutigen Schritt. Diese Leistung erkenne ich ohne Abstriche, unabhängig vom Ergebnis an. Mit solch einer Diagnose an die Öffentlichkeit zu treten, erfordert wohl noch etwas mehr Mut als mit »anerkannteren« Krankheiten.
Dominique de Marné in Soziale Psychiatrie
Letzte Aktualisierung: 17.04.2024