In dem Buch "gedankenschwer und federleicht" dreht sich fast alles um die befreiende Kraft des Schreibens in der Krise. Der poetische Titel bezeichnet die Spanne der Stimmungen, in der die Werke der psychiatrieerfahrenen Autorinnen und Autoren stehen. Abgründig und schwer kommen sie daher, satirisch, kryptisch, anklagend und dunkel, aber auch schwebend, witzig und humorvoll.
"Wenn ich keine Gedanken hätte, das wäre blöde", überlegt Barbara Eikenberg in ihrem Gedicht »Das ist mein Gehirn« und bekennt: "Ich spinne auch sehr gerne." Aber da geht es dann schon um das Schreiben von geistig behinderten Menschen, denn neben dem Teil mit Gedichten, Texten und Zeichnungen im Kontext der Psychiatrie gibt es auch zahlreiche Aufsätze, die sich mit eben diesem Schreiben von Randgruppen und Menschen in Krisen befassen.
Spannend der Erfahrungsbericht von Helmut M. Koch, der sich an der Uni Münster zuerst mit Schreiben im Gefängnis und dann mit der literarischen Produktion von Patientinnen und Patienten der Psychiatrie befasste. Aus den zahlreichen Texten und Selbstzeugnissen, die er auf einen Aufruf hin von Psychiatrieerfahrenen zugesandt bekam, destillierte eine Kollegin die wichtigsten Effekte des Schreibens, als da u.a. sind: Entlastung/Befreiung, Auseinandersetzung, Halt, Sinngebung, Anstoß/Veränderung, Ventil, Kommunikation, und Hilfe für andere.
Die Formen des Schreibens seien äußerst vielfältig, erklärt Koch, aber häufig finde sich in den Texten von psychiatrieerfahrenen Autoren die Praxis des freien Schreibens, in dem sich das Unbewusste, Vergangene, gegenwärtig Bedrängende in eruptiver, schmerzhafter, oft befreiender Weise ausdrücke. Manche Autoren hätten berichtet, wie geradezu rauschhaft Worte, Sätze und Bilder aus ihrem Inneren hervorgedrängt seien. So wundert es dann auch nicht, wenn im Anhang eine blühende Landschaft aus Schreibgruppen, Zeitschriften und Poesietherapieangeboten aufgefächert wird mit Adressen und Erläuterungen dazu.
Cornelia Schäfer in Psychosoziale Umschau
Letzte Aktualisierung: 26.04.2024