Der Plot ist nicht neu: Ein kleine Gruppe Menschen mit Beeinträchtigungen emanzipiert sich von denjenigen, die es mit ihrer Fürsorge zwar nur gut meinen, aber damit auch bevormunden. Scotty, der im Rollstuhl sitzt und seine Hände kaum bewegen kann, wird von seiner Mutter gepflegt und gewaschen, auch beim Essen assistiert sie ihm. Matt lebt unter den wachsamen Augen der Eltern etwas unabhängiger, leidet aber unter der Trennung von seiner Freundin. Mo hat eine Sehbehinderung und ist als Mittdreißigjähriger der Älteste der drei Erwachsenen. Auch er wohnt bei seiner Mutter, diese scheint ihm aber etwas mehr Freiheiten zu lassen als die Angehörigen von Scotty und Matt. Scotty und Mo sind bereits länger befreundet, pflegen aber einen sarkastischen Umgang miteinander, vor allem Scotty hadert mit seinen Beeinträchtigungen und lässt dies auch sein soziales Umfeld spüren. Matt lernt die beiden Freunde in einem ambulanten Rehazentrum kennen. Scotty hat schon länger den Wunsch, mit einer Frau zu schlafen, und mit dem Auftauchen von Matt sieht er die Möglichkeit, sich zu dritt auf den Weg nach Montreal zu machen, um dort ein spezielles Bordell für Menschen mit Behinderung zu besuchen. Er benötigt noch zwei Mitfahrer, um den Preis für einen rollstuhlgerechten Bus mit Fahrer bezahlen zu können. Nach anfänglichem Zögern willigen Mo und Matt ein, und alle drei begeben sich auf die Reise durch acht US-Bundesstaaten nach Montreal.
Zu ersten Irritationen kommt es bereits bei der Abfahrt; statt von dem bestellten Fahrer werden die drei auf ihrer Reise von einer Mitarbeiterin betreut und gefahren. Sam ist eigentlich Krankenschwester, darf aber wegen eines Vergehens nicht als solche arbeiten. Sie begegnet den dreien anfangs mit großem Misstrauen, Abweichungen vom Plan lässt sie sich zusätzlich vergüten. Mit dem Fortschreiten der Reise taut sie immer mehr auf, und als sie erfährt, was die drei vorhaben, ist sie erleichtert, dass sie nicht, wie von ihr befürchtet, einen Suizidpakt geschlossen haben. Inzwischen haben die Mutter von Scotty und die Eltern von Matt die Fährte aufgenommen und versuchen, ihre Söhne zu finden und wieder nach Hause zu holen. Auf der Flucht vor den Eltern erleben die drei allerlei Abenteuer, das Ende ist vermeintlich vorhersehbar, aber Matt bewahrt ein Geheimnis, dass der Handlung am Ende noch eine ganz neue Wendung gibt.
»Come As You Are – Roadtrip ins Leben« wird als Komödie vermarktet, und über weite Teile der Handlung ist sie dies auch. Der Humor ist stellenweise zotig und unsensibel gegenüber Frauen, was mitunter im Widerspruch steht zu dem Bestreben, für Verständnis für Menschen mit Beeinträchtigung zu werben. Dass dies das Anliegen des Films ist, wird unter anderem in einer Szene deutlich, in der ein Polizist von den dreien darauf hingewiesen wird, nicht von »Behinderten« zu sprechen, sondern von »Menschen mit Behinderungen«. Die Schauspieler haben selbst nicht die Handicaps ihrer Rollen, auch das wird heute kritischer gesehen. Alles in allem driftet »Come As You Are – Roadtrip ins Leben« nicht in den Klamauk ab und kann vor allem für Teenager eine Möglichkeit sein, sich den Themen Behinderung und Teilhabe zu nähern.
Ilja Ruhl in Soziale Psychiatrie
Letzte Aktualisierung: 02.06.2024