»Magic Medicine« begleitet das Team des Psychologen und Neurowissenschaftlers Robin Carhart-Harris und dessen Patienten in einer Studie zur Behandlung von Depressionen mit Psilocybin – einem Stoff, der häufig in halluzinogenen Pilzen enthalten ist. Die parallele Forschung ist von hoher Bedeutung, besteht doch durch sie die Möglichkeit, die Tür zur weiteren therapeutischen Nutzung von Psilocybin und anderen Psychedelika aufzustoßen. Initiator der Studie ist der Professor für Neuropsychopharmakologie David Nutt, der ein erklärter Kritiker der Prohibition von psychotropen Substanzen ist.
Die Patienten in der Studie leiden seit durchschnittlich 18 Jahren an Depressionen, haben unzählige Antidepressiva ausprobiert, haben zum Teil auch EKT Erfahrung und sind als therapieresistent eingestuft worden. Auch Studienleiter Carhart-Harris hat Erfahrungen mit Depressionen. Die Zuschauer wohnen Teilen der Sitzungen bei, in denen die Patienten Psilocybin verabreicht bekommen. Den Patienten gebührt großer Respekt dafür, dass sie sich bereit erklärt haben, sich in diesen intimen Momenten filmen zu lassen. Andy erlebt unter dem Einfluss von Psilocybin eine Situation, in der sein Vater versucht, ihn mit einem Kissen zu ersticken. Er schreit und weint und hat im anschließenden therapeutischen Gespräch Mühe, das Durchlebte einzuordnen, hatte er bisher doch ausschließlich positive Erinnerungen an seinen Vater. Es wird für die Zuschauer nicht ganz deutlich, inwieweit diese Eindrücke als symbolhaft definiert oder als tatsächliche Gegebenheiten behandelt werden. Die Gefahr der Generierung von False Memories lässt sich nicht von der Hand weisen.
Erfreulicherweise begleitet das Kamerateam die Patienten auch in ihrem privaten Umfeld. Und so gewährt die Dokumentation Einblicke in das Familienleben der Studienteilnehmer und lässt Angehörige zu Wort kommen. Gelegentlich mit britischem Humor; oft sehr klug, aber auch recht forsch schildern Familienmitglieder die schwerwiegenden Auswirkungen der langen psychischen Erkrankung auf das soziale Umfeld. Immer wieder werden auch Teile der Gesprächstherapie gezeigt, der therapeutische Ansatz ist biografisch geprägt, und es wird deutlich, dass die Gabe von Psychedelika nur eingebettet in psychotherapeutische Verfahren ihre Wirkung entfalten kann.
»Magic Medicine« ist eine interessante Mischung aus Faktenvermittlung und sensibler Begleitung von Betroffenen. Die Forschung auf dem Gebiet der psychedelikagestützten Therapie schreitet voran, insofern lohnt sich das Schauen.
Ilja Ruhl in Soziale Psychiatrie
Letzte Aktualisierung: 02.06.2024