Depressive Symptome können sehr vielfältig sein. Sehr häufig kommen körperliche und psychische Symptome gemeinsam vor. Das Gefühl von Niedergeschlagenheit und Hilflosigkeit steht oft im Vordergrund. Vielfach empfinden die Betroffenen eine unendliche Trauer, sind ständig dem Weinen nahe. Andere empfinden gar nichts außer einem Gefühl der Leere. (...)
Depressive Menschen sehen die Zukunft extrem pessimistisch (...). Sie erachten sich selbst häufig als fehlerhaft, unzulänglich oder krank. Auch positive Erfahrungen interpretieren sie negativ. (...) Alltägliche Probleme werden zu riesigen, unüberwindlichen Bergen und wahrscheinlichen Katastrophen.
Das Denken ist verlangsamt, die Konzentration beeinträchtigt durch Grübeleien. Ideen der Ausweglosigkeit und Sinnlosigkeit des eigenen Lebens gipfeln nicht selten in Suizidgedanken. Häufig empfinden Betroffene eine innere Unruhe, sind angespannt und reizbar. Sie fühlen sich erschöpft, müde und energielos. (...)
Zudem kann es mitunter zu vegetativen Beschwerden (...) kommen. (...) Dann kann es schwierig sein, die Depression als solche zu erkennen. (...)
Betroffene (...) ziehen sich zurück, vermeiden jegliche Konfrontation mit dem Leben und fühlen sich überfordert. Alltägliche Aufgaben (...) werden immer weiter aufgeschoben. (...)
Nach ICD-10 werden depressive Episoden unterteilt in leichte, mittelgradige und schwere Formen. Bei den schweren Episoden werden jene mit zusätzlichen psychotischen Symptomen noch einmal gesondert betrachtet. Bei allen Formen sollten die Symptome mindestens zwei Wochen andauern. (...) Nach ICD-10 liegen bei leichter und mittelgradiger Depression mindestens zwei und bei schweren Episoden alle drei der folgendenSymptome vor:
Zusätzlich müssen bei einer leichten Episode ein bis vier, bei einer mittelgradigen bis zu sechs und bei einer schweren Episode alle der folgenden Symptome vorkommen:
Weltweit erkranken pro Jahr zwischen 5 und 7 Prozent der Bevölkerung an einer Depression. (...) Im Durchschnitt durchleben 16 Prozent aller Menschen einmal im Laufe ihres Lebens eine depressive Episode. Bei Frauen tritt die Depression etwa zwei- bis dreimal so häufig auf wie bei Männern. (...)
Die meisten Menschen erkranken im Alter von 25 bis 30 Jahren zum ersten Mal. Bei etwa 80 Prozent der Betroffenen bleibt es nicht bei einer einzigen depressiven Episode, sie erkranken wiederholt. (...) Ungefähr 5 bis 20 Prozent der Erkrankungen nehmen einen chronischen Verlauf. (...)
Depressive Phasen werden häufig durch belastende Lebensereignisse (z. B. Trennung, Verlust, Tod eines Angehörigen) oder durch Stress und Überforderung am Arbeitsplatz oder in der Familie ausgelöst. (...)
Bei manchen Menschen genügt bereits eine geringe äußere Belastung, um depressive Symptome hervorzurufen. Das heißt, das Zusammentreffen einer spezifischen Verletzlichkeit mit Stress führt zu depressiven Symptomen.
Betroffene sehen häufig keine Perspektiven. (...) Sie müssen das Leben erst wieder neu entdecken. So lange dies noch nicht geht, benötigen sie Menschen an ihrer Seite, die stellvertretend Hoffnung haben. (...)
Depressive Menschen haben (...) "das Wollen verlernt". Der Zugang zum eigenen Willen ist verschüttet. (...) Das Nicht-Wollen-Können ist für Außenstehende nur schwer nachvollziehbar (...) Deshalb benötigen Mitarbeitende viel Geduld und eine hohe Sensibilität dafür, was für Betroffene zum jeweiligen Zeitpunkt möglich ist und was nicht. (...)
(...) Häufig fällt es Menschen in einer Depression leichter, sich aufkonkrete Aufgaben zu konzentrieren oder über eine bestimmte Aktivität zu berichten, als über die allgemeine Befindlichkeit zu sprechen. (...) Das können Aufgaben zur Alltagsbewältigung oder für die Freizeitgestaltung sein. (...)
(...) Depressive Menschen sind einerseits gut darin, Schwierigkeiten vorherzusehen, andererseits sehen sie oft nur noch Hürden. (...) Deshalb ist es besonders wichtig, Zugang zu den Zielen zu finden und anschließend die Ziele in Verbindung mit möglichen Schwierigkeiten zu bringen. (...) Die Ziele können in den Bereichen Gesundheit, Arbeit, Wohnen, Freizeit, soziale Kontakte (...) liegen.
Bei den Gesprächen und Begegnungen ist häufig nicht entscheidend, was getan oder geredet wird. Entscheidend ist, wie der Betroffene beteiligt ist. (...) Es geht darum, den Menschen zu ermutigen, sich zu beteiligen. (...)
Für Fachkräfte kann hilfreich sein, sich daran zu erinnern, dass Klagen ein Ausdruck von Verzweiflung sein können. Es kann notwendig, entlastend und ein echtes Bedürfnis sein, über die Verzweiflung, die Sorgen und negativen Gefühle zu reden. (...)
Zur Behandlung von depressiven Störungen werden seit Jahrzehnten Antidepressiva eingesetzt. (...) Sie helfen nicht nur dabei, die Stimmung aufzuhellen, sondern können alle (...) genannten Symptome beeinflussen. (...)
Antidepressiva sind nicht bei allen Betroffenen gleich gut wirksam. Die Einnahme von Antidepressiva sollte durch psychosoziale Unterstützungsmaßnahmen oder eine Psychotherapie ergänzt werden. Für Betroffene kann der Hinweis nützlich sein, dass kein Antidepressivum süchtig macht. Wenn Antidepressiva neu angesetzt und eingenommen werden, ist außerdem wichtig zu wissen, dass deren Wirkung erst nach einigen Wochen eintritt.
Informationen darüber, wie depressive Störungen entstehen und wie man ihnen begegnen kann, können betroffenen Menschen helfen, sich von ihrem Gefühl der Ausweglosigkeit und Hilflosigkeit zu befreien und den depressiven Teufelskreis zu durchbrechen. (...) Neben der Selbsthilfe sind Symptome, Erklärungsmodelle, medikamentöse und andere Therapieformen Inhalte der Psychoedukation.
Bei nahezu allen therapeutischen Ansätzen zur Bewältigung depressiver Symptome steht die Vermittlung positiver Erlebnisse und Gefühle im Vordergrund. Gefühle direkt zu beeinflussen und dann auch noch depressive Gefühle, ist ziemlich schwer. Leichter ist dagegen, dem Denken oder Verhalten eine neue Richtung zu geben und die Gefühle indirekt zu verändern. Betroffene können dadurch lernen, Einfluss auf ihre Gefühle zu nehmen. (...)
Eine gute Möglichkeit ist es, eine Liste positiver Aktivitätenzu erstellen, um sich bewusst zu machen, was ihnen gut tut. (...) Im Rahmen stationärer Maßnahmen sind arbeits- oder bewegungstherapeutische Angebote wichtige Möglichkeiten, um depressiven Menschen Zugang zu Ressourcen, Erfolgserlebnissen und positiven Gefühlen zu vermitteln. (...)
Grüblerisches Denken ist häufig der Einstieg in eine Depressionsspirale. Es kann selbstabwertend, angstauslösend oder belastend wirken. Negatives Denken verhindert neue und vor allem positive Erfahrungen. (...) Betroffene verschließen sich eher und ziehen sich zurück in ihr Schneckenhaus. (...) Der erste Schritt besteht darin, negatives Denken überhaupt bei sich zu bemerken. (...) Der zweite Schritt kann darin bestehen, positive Alternativen oder eine andere Sichtweise zu finden.
Menschen mit Depressionen haben häufig Schwierigkeiten mit freier, also unstrukturierter Zeit. (...) Um diesem Gefühl von Leere vorzubeugen, kann es hilfreich sein, einen Tages- oder Wochenplan zu erstellen. Der Plan sollte eine Mischung sein aus Aktivitäten zur Alltagsbewältigung (...), sozialen Aktivitäten (...) und positiven, genussvollen Aktivitäten (...).
Nach Pitschel-Walz (2003) gibt es so etwas wie goldene Regeln, mit deren Hilfe man als Betroffener einer weiteren Depression vorbeugen kann (...):
Letzte Aktualisierung: 22.03.2024