Wenn Ihr Angehöriger Psychopharmaka einnimmt oder ihm dies von ärztlicher Seite geraten wird, ist es wichtig, dass er sich für ein Medikament entscheidet, mit dem er selbst einverstanden ist. Denn dann ist die Chance am größten, dass er oder sie es auch regelmäßig einnimmt. Dazu kann auch der Einsatz einer "Bedarfsarznei" gehören, die nur dann eingenommen wird, wenn das momentane Befinden es erfordert. Eine variable Dosierung, die vom Betroffenen selbst gehandhabt wird, ist eine weitere Möglichkeit. Sie können Ihr betroffenes Familienmitglied und dessen Arzt dabei unterstützen, zu einer zufriedenstellenden Verordnung zu kommen, möglichst nach dem Leitsatz "Verhandeln statt behandeln".
Wichtig
- Beziehen Sie Ihren erkrankten Angehörigen so weit wie möglich in alle Gespräche mit Ärzten oder anderem Fachpersonal ein.
- Bedenken Sie, dass Psychopharmaka die Erkrankungen nicht heilen, sondern lediglich Symptome unterdrücken können.
- Helfen Sie Ihrem Angehörigen bei der Abwägung der Vor- und Nachteile der Medikamente. Es kann für die langfristige Entwicklung günstiger sein, sie ganz oder teilweise wegzulassen oder zu reduzieren, um wacher zu sein und am Leben mehr teilzunehmen.
- Klagen über unerwünschte Wirkungen sollten Sie ernst nehmen, auch wenn Sie diese nicht selbst beobachten können. Teilen Sie den behandelnden Ärzten Ihre Beobachtungen mit, sie sind eine wertvolle Ergänzung zum Patientengespräch in der Sprechstunde.
- Die meisten Psychopharmaka sollten nicht abrupt abgesetzt werden, Dosierungen sollten allmählich und über längere Zeiträume verändert werden. Das gilt natürlich nicht bei schwerwiegenden Nebenwirkungen. Sprechen Sie gemeinsam mit dem Arzt darüber.
- Langzeit-Verordnungen sollten regelmäßig daraufhin überprüft werden, ob und in welcher Dosierung sie noch erforderlich sind.
- Informieren Sie sich über die Medikamente anhand der Beipackzettelund der unten genannten Bücher, vorzugsweise gemeinsammit Ihrem erkrankten Angehörigen.
Literatur
- Aderhold, V. (2014): Neuroleptika minimal – warum und wie. Artikel als PDF-Datei herunterladen.
- Aderhold, V.; Schlimme, J.; Weinmann, S. (2018): Reduzieren und Absetzen von Antipsychotika (aus: Kerbe 2/2018) als PDF-Datei herunterladen
- Bleich, S., Dabbert D., Kropp, S., Neyazi A., Seifert J., Toto S., Bandelow B. (2022): Handbuch Psychopharmaka. Hogrefe Verlag, 4. Auflage.
- Benkert, O.; Hippius, H. (2023): Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie. Springer Verlag, 14. Auflage.
- Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie (2018): Memorandum der Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie zur Anwendung von Neuroleptika. Broschüre als PDF-Datei herunterladen.
- Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie (2018): Neuroleptika reduzieren und absetzen. Eine Broschüre für Psychose-Erfahrene, Angehörige und Professionelle aller Berufsgruppen. 3. Auflage. Broschüre als PDF-Datei herunterladen.
- Finzen, A.; Scherk, H.; Weinmann, S. (2016): Medikamentenbehandlung bei psychischen. Störungen - Leitlinien für den psychiatrischen Alltag. Psychiatrie Verlag.
- Dr. phil. h.c. Lehmann P., (Hg.), Newnes C. (Hg.) (2023): Psychopharmaka reduzieren und absetzen – Praxiskonzepte für Fachkräfte, Betroffene, Angehörige, Psychiatrie Verlag
- Lehmann, P. (Hg.) (2019): Psychopharmaka absetzen – Erfolgreiches Absetzen von Neuroleptika, Antidepressiva, Phasenprophylaktika, Ritalin und Tranquilizern. Berlin und Shrewsbury, 5. Auflage.
- Schirmer U.: (2020): Psychopharmakotherapie und Empowerment – Ein Trainingsprogramm zum selbstständigen Medikamentenmanagement, Psychiatrie Verlag
- Schlimme J. E.; Scholz T.; Seroka R. (2019): Medikamentenreduktion und Genesung von Psychosen, Psychiatrie Verlag
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